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***Lamia*** 5.1 Eine fremde Macht

Romane/Serien · Fantastisches
Jarno entschloss sich, seinen Besuch bei Lamia zu verschieben. Schließlich war er nicht darauf aus, ihres Vaters Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen oder ihn gar zu verärgern. Zu diesem Zeitpunkt war es sicherer, Morut gar nicht erst zu begegnen. Also stahl er sich zurück in seine Küche und schloss leise die Tür.

Und genau in diesem Moment passierte etwas mit ihm. Mit einem Mal verschwamm der Raum vor seinen Augen und ihm wurde schwindelig. Als hätte sich das Feuer des Kamins auf seine Lider gelegt, sah er in Wellen flimmernde Luft und Hitze stieg in seinem Hirn auf. Halt suchend lehnte sich Jarno gegen die steinerne Wand und atmete tief ein und wieder aus. In der Hoffnung, die vom Kondenswasser feuchten Steine würden ihn kühlen, drängte er seinen glühenden nackten Rücken dagegen. Doch sie halfen ihm nicht, denn die Hitze kam aus seinem Inneren.

Auf seiner Stirn bildeten sich feine Schweißtröpfchen und er wischte sie fahrig mit seiner Hand weg. Sofort spürte er neue, mehr noch als einen Moment zuvor – das Wasser lief ihm in kleinen Rinnsalen über das Gesicht und ein wenig der salzigen Flüssigkeit geriet in seine Augen, so dass er blinzeln musste. Er versuchte, kontrolliert zu atmen, doch die Angst – die Unwissenheit, was hier mit ihm geschah – ließ ihn ruckartig die Luft in seine Lungen saugen, um sie gleich im nächsten Augenblick hektisch wieder hinaus stoßen.

Als wäre er noch nicht genug gepeinigt begann mit einem Mal sein Körper zu zucken. Jarno wurde hin und her geworfen und er prallte hart gegen die Wand. Doch so plötzlich, wie die Zuckungen ihn ergriffen hatten, verschwanden sie auch wieder. Sein Körper beruhigte sich. Aber was auch immer hier mit ihm geschah, es war noch nicht vorbei. Seine weit aufgerissenen Augen verdrehten sich in den Höhlen, so dass nur noch das Weiße zu sehen war und er warf seinen Kopf in den Nacken. Mit lautem Stöhnen stieß er sich von der Wand weg und breitete seine Arme aus. Langsam neigte er seinen Körper nach vorne – immer weiter. So weit, dass er doch eigentlich der Länge nach auf den Boden fallen müsste. Und dennoch trotze er der Schwerkraft und stand fest auf seinen Füßen. Seine bebenden Lider schlossen sich beinah gänzlich, so dass nur noch der weiß schimmernde Spalt zu sehen war.

Einen Moment später fiel sein Kopf nach vorn, so dass sein Kinn beinah seine Brust berührte. Langsam und bedächtig wie ein Betrunkener sprach er mit tiefer Stimme: „…brauche Moruts Blut...“ Und da bewegte er sich wieder, sein Oberkörper pendelte träge von rechts nach links und wieder zurück. Mit veränderter Stimme – weiblich und krächzend – stieß er mühsam hervor: „Sieh in den Katakomben nach seinem Sarg. Dort wirst Du sein Blut finden.“ Rau antwortete er sich selbst: „…muss in den Katakomben suchen...“ Mit krächzender Stimme gab er sich weitere Anweisungen: „Und passe gut auf Morut und sein Gesindel auf. Nimm das Blut seiner Brut, wenn es zu gefährlich wird. Ich weiß, Du wirst es richten, mein Junge.“ Jarnos Körper neigte sich nach hinten und langsam wieder nach vorn: „…hüte mich vor Morut… Gefahr… nehme Lamias Blut...“, murmelte er und kaum hatte er das letzte Wort gesprochen, setzten die Zuckungen wieder ein. Und wieder nur für einen kurzen Moment, bevor er unter heiserem Stöhnen zusammenbrach und regungslos liegen blieb.

Wenige Augenblicke später schlug Jarno seine Augen auf. Doch im gleichen Moment verzog er gequält das Gesicht, schloss seine Augen wieder und hielt sich den Kopf. Ganz langsam öffnete er seine Augen und gewöhnte sie an das Licht um ihn herum. Das Stechen in seinem Hirn ließ ein wenig nach und Gedanken formten sich. Warum lag er hier am Boden? Verwirrt sah der junge Koch sich um und versuchte sich ins Gedächtnis zu rufen, was geschehen war. Aber die Erinnerung wollte nicht zurückkehren.

Mit einem Satz war er auf den Beinen. Doch er wankte sehr stark und stützte sich Halt suchend für einen Moment an der Wand ab. Er spürte Schmerz an seiner Schulter. Wann hatte er sich denn einen Bluterguss zugezogen? Auch an seinem Ellebogen war die Haut ganz blau und am Oberarm entdeckte er eine Schürfwunde. Als Jarno wieder einigermaßen klar war, ging er zur Anrichte und legte die Scheide mit seinem Dolch an. Aus dem kleinen Fensterchen blickend, suchte er den Mond. Die Nacht war jung – warum er das Bewusstsein verloren hatte und was auch immer mit ihm geschehen war, konnte er sich nicht erklären. Aber es war nicht viel Zeit vergangen. Dennoch war es beunruhigend und der Gedanke daran ließ ihn erschaudern. Bestand ein Zusammenhang zu dem Tagtraum mit Lamia? Auch daran konnte er sich nicht im Detail erinnern. Außerdem traten diese Lücken in seinem Erinnerungsvermögen erst auf, seit er sich auf diese Reise begeben hatte.

Jarno musste wissen, was hier mit ihm geschah und er vermutete, dass er die Lösung im Schloss finden würde. Aus seinem Umhang zog er einen kleinen Flakon und verstaute ihn in einem Beutelchen, das er an seinem Gürtel befestigt hatte. Er zog sein weißes, etwas zu großes Hemd über und ging zur Geheimtür. Durch einen Zufall hatte Jarno sie entdeckt. Er hatte sich gewundert, warum einer der Steine etwas dunkler war als die übrigen und hatte ihn untersucht. Jarno drückte den besonderen Ziegel ein, woraufhin sich die Tür mit leisem Quietschen öffnete. Die Treppe, über die er zu Lamias Gemächern in den oberen Räumlichkeiten gelangen konnte, führte ebenso weiter in die Tiefe. Was ihn dort wohl erwarten würde?
 
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Kommentare  

Hallo Ihr zwei!

Vielen Dank für Eure Kommentare! Ziemlich fremdgesteuert, der junge Mann ;) Und dann kann er sich noch nichtmal dran erinnern... tze... Mal sehen, wie's weitergeht und was ihn Schönes in den Katakomben erwartete.

Herzliche Grüße


salzi (10.09.2004)

Jarnos Anfall hat auf mich zuerst den Eindruck eines Höhepunktes im Liebesakt gemacht und dann kommen solche, offenbar von fremder Macht evozierten Ausrufe aus seinem Mund? Wann ist der arme Typ dann noch sich selber, wenn er dauernd unter anderem Einfluss steht? Ich bange mit ihm!

Gruss


Ingo Gärtner (08.09.2004)

Endlich die Fortsetzung - nicht dass ich schon Wochen darauf gewartet hätte...:-))

H.E.R. (06.09.2004)

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